Ist es erlaubt, eine spezielle Damenrobe zu tragen?

Die Frage, wie eine ordnungsgemäße Robe aussehen muss, hat eine berufsrechtliche und eine sitzungspolizeiliche Dimension.

 

Berufsrechtlich sind Rechtsanwältinnen allein durch § 20 BORAin Verbindung mit § 59 b Abs. 2 Nr. 6c) BRAOund damit durch Bundesrecht gebunden. Hiernach trägt „der Rechtsanwalt vor Gericht als Berufstracht die Robe, soweit das üblich ist.“ Genauere Vorgaben zu Form und Aussehen gibt es nicht. Damit bedarf es der Auslegung, wie eine „Robe“ beschaffen sein muss, wobei das Hauptaugenmerk dieser Auslegung auf der traditionellen, gewohnheitsrechtlichen Form der Robe liegt und auf dem Zweck, den sie erfüllen soll.

 

Die traditionelle Form beinhaltet einen schwarzen Mantel (bzw. Sonderfarben für bestimmte Berufsträger), der an den Kanten aneinanderstößt und V-förmig den darunter liegenden Kragen erkennen lässt, einen Besatz und weite Ärmel. Die Robe dient dem Ritual einer würdevollen Gerichtsverhandlung und soll den Berufsträger optisch in ein Organ der Rechtspflege „verwandeln“. Damit muss sie groß und lang genug sein, um die darunter liegende Kleidung zu verdecken. Zudem dient der Besatz aus Seide als Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Berufsträgern. Eine andersfarbige Robe oder aber eine Robe ohne Besatz würde damit die Anforderungen nicht erfüllen. Die Garde-Robe, die sich unter Beachtung traditioneller wie zweckmäßiger Anforderungen an weibliche Proportionen anpasst, ist dagegen eine „Robe“ im Sinne des § 20 BORA.

 

Für Richterinnen, Staatsanwältinnen und Amtsanwältinnen haben die Bundesländer auf landesrechtlicher Ebene Regelungen mit unterschiedlicher Regelungstiefe getroffen. Das „Merkblatt über die Amtstracht bei den ordentlichen Gerichten“ aus NRW mit zentimetergenauen Vorgaben über die Breite des Besatzes gilt in sehr ähnlicher Form auch in Niedersachsenund Bayern.

 

Noch ungeklärt ist derzeit, inwieweit die Abweichungen der Garde-Robe von den zum Teil zentimetergenauen Vorgaben bestimmter Bundesländer dazu führen, dass die Form der Garde-Robe für Juristinnen im Staatsdienst (Richterinnen, Staatsanwältinnen, Amtsanwältinnen) nicht mehr ordnungsgemäß ist. Entsprechende Anfragen werden derzeit bei den Justizministerien der Länder gestellt.

 

Für Rechtsanwältinnen finden jedoch die landesrechtlichen Regelungen keine Anwendung, da sie berufsrechtlich allein durch Bundesrecht, d.h. § 20 der Berufsordnung für Rechtsanwältegebunden sind und die entsprechenden bundesrechtlichen Regelungen auch nicht durch Landesrecht konkretisiert werden.

 

Die sitzungspolizeiliche Dimension der Robe findet sich in § 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes wieder. Hiernach obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung dem Vorsitzenden. Unter Berufung auf diese Vorschrift kann daher der Vorsitzende Rechtsanwälte von einem Verfahren ausschließen, die durch ihre Kleidung den ordnungsgemäßen Ablauf der Verhandlung gefährden. Dies erfolgte in der Vergangenheit etwa bei Anwälten, die unter der Robe keine Krawatten tragen wollten (BVerfG 1 BvR 210/12) oder ganz auf die Robe verzichteten (OLG Karlsruhe, NJW 1977, 309; KG Berlin, NJW 1970, 482).

 

Die GARDE-ROBE entspricht in Form und Aussehen sowohl der gewohnheitsrechtlichen Tradition als auch der ihrem Zweck entsprechenden Form und ist daher nicht geeignet, den ordnungsgemäßen Ablauf der Verhandlung zu gefährden. Ein Ausschluss von einer Gerichtsverhandlung aufgrund des Tragens einer GARDE-ROBE ist daher nicht zu befürchten.